Carina Konrad

Offener Brief an Bundesminister Habeck

Berlin, den 04.11.2022

Auswirkungen des Vorschlags zur Umsetzung der Gewinnabschöpfung auf Biogas

Sehr geehrter Herr Bundesminister,

als stellvertretende Vorsitzende verantworte ich unter anderem die Themenbereiche Land- und Forstwirtschaft in der FDP-Bundestagsfraktion. In dieser Funktion stehe ich regelmäßig in intensivem Austausch mit den unterschiedlichsten Akteuren dieser Wirtschaftsbereiche und möchte mich mit folgendem Anliegen im Hinblick auf die von Ihnen geplanten Maßnahmen einer sogenannten Strompreisbremse an Sie wenden.

Als Koalition haben wir bereits in unglaublicher Geschwindigkeit eine Reihe von Maßnahmen umgesetzt, um entscheidende Hemmnisse zur Ausweitung des Energieangebots auszuräumen. Dass Sie dabei auch auf die Vorschläge der Freien Demokraten zur Erweiterung der Biogasproduktion eingegangen sind, damit die noch ungenutzten Potentiale der Biogaserzeugung voll ausgeschöpft werden können, zeigt, wie handlungsfähig wir in dieser Energiekrise sind. Dafür möchte ich Ihnen danken.

Vermehrt kommen Betreiber von überwiegend familiengeführten landwirtschaftlichen Biogasanlagen auf mich zu und äußern große Bedenken zu den angedachten Abschöpfungen von Erlösen aus der Erzeugung von erneuerbaren Energien. Die Erlöse bei Biogasanlagen sind aufgrund der Volatilität des Aufwandes kein Anhaltspunkt für die voraussichtliche Gewinnerwartung.

Der Aufwand bei der Erzeugung von Biogas, der infolge der Pandemie- und Kriegsfolgen massiv gestiegen ist, muss zwingend Berücksichtigung in der Ausgestaltung des Mechanismus finden. Nach vielen Gesprächen mit Landwirtinnen und Landwirten und Fachleuten aus der Branche werden immer wieder die vielfältigen Kostenkomponenten zur Sprache gebracht. Dazu zählen gestiegene laufende Kosten bei zu erneuernden Anlagenkomponenten wie etwa Pumpen, Folien und Ersatzteilen für Blockheizkraftwerke sowie bei Wartung und Reparaturen, jedoch auch einzelne Investitionen, die sich aus Regularien ergeben, wie etwa Anschaffungen von Abdeckungen von Gärrestlagern, die Nachrüstung von Katalysatoren oder die Zertifizierungspflicht nach der Biomassestromnachhaltigkeitsverordnung. Größter Kostensteigerungsgrund ist jedoch sicherlich die massive Kostensteigerung für Substrate, die durch massiv gestiegene Kosten aller Produktionsmittel und gestiegene Agrarrohstoffpreise entstanden ist. Fachleuten zufolge lassen sich die Mehrkosten teilweise auf über 100 Euro pro MWh Strom beziffern. Diese Belastungen haben andere Erzeugungsformen erneuerbarer Energien, wie Windenergieanlagen und Solaranlagen, in diesem Maße sicherlich nicht. Wenn durch die geplante Abschöpfung die gestiegenen Kosten der Anlagenbetreiber nicht mehr gedeckt werden können, dann droht auch die Stromerzeugung dieser Anlagen zurückgefahren oder gänzlich eingestellt zu werden. Das kann angesichts unserer Bemühungen der vergangenen Monate zur Steigerung der Energieerzeugung und  des Ziels der Diversifizierung von Energieressourcen und der Steigerung von alternativen Energiequellen nicht zielführend sein. Um einen weiteren Marktanreiz zu setzen, damit die Anlagen ihre Stromerzeugung jetzt weiter erhöhen, müssen diese Besonderheiten berücksichtigt werden.  Wie bereits angedacht, sollen wir nicht den Vorschlag der EU-Kommission für eine einheitliche Erlösobergrenze umsetzen, sondern müssen einen differenzierten Ansatz wählen.

Sicherlich ist die Erwartungshaltung nachvollziehbar, dass angesichts jahrelanger Dauersubventionierung durch das EEG in nicht unerheblicher Höhe alle Akteure einen Beitrag leisten müssen. Bei den nun geplanten staatlichen Eingriffen in den Energiemarkt möchte ich bei Ihnen dafür werben, die besondere Rolle der Biogasproduktion zu berücksichtigen und bei der Erlösabschöpfung die besondere Situation der Biogasanlagen zu berücksichtigen. Sollte das nicht möglich sein, sollte von der Erlösabschöpfung bei Biogasanlagen Abstand genommen werden.

Mit freundlichen Grüßen
Carina Konrad MdB

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